Flugbericht : Der Pokalgewinn
Der Pokalgewinn
oder
Mein Streckenflug im Wallis von Fiesch nach Briegels
von Roland Bentele
Es war Donnerstag, der 10. August 1989 als der Wetterdienst gutes Wetter für das Wochenende in den Alpen vorhersagte. Von dieser Nachricht erfreut, telefonierte ich kurz entschlossen mit meinem Drachenfliegerkameraden Martin. Ich fragte ihn ob er Lust hätte mit mir einen Ausflug in die Alpen zu unternehmen. Sofort war auch er von dieser Idee begeistert und sagt zu. Am Freitag, morgens um 6.00 Uhr, starteten wir unsere Fahrt in Richtung Alpen. Wir hatten einen anstrengende Fahrt vor uns, doch die Zeit verging im Nu, da wir nur das Fliegen im Hochgebirge im Kopf hatten. .
Bei unserer Ankunft in Fiesch war es bereits 13.00 Uhr und somit schon höchste Zeit auf den
Berg zu kommen. Doch zunächst mußten wir uns noch die Landeplätze ansehen, um uns mit dem Gelände vertraut zu machen. Nach dieser Erkundung suchten wir die Hochseilbahn, die uns auf den Berg bringen sollte. Dort verluden wir unsere Drachen und das Gurtzeug in eine der Kabinen und stellten unsere Höhenmesser auf GND ein. Oben angekommen zeigte der Höhenmesser 2000 Meter über dem Meer an. Von der Bergstation bis zu unserem Startplatz mußten wir noch 50 Höhenmeter zurücklegen.
Der Wind am Startplatz war gut, denn er wehte schön von vorne. Uns verwunderte jedoch, daß kein
anderer Pilot am Startplatz war. Ein Blick auf die Uhr verriet uns, daß es schon viel zu spät war um auf Strecke zu gehen. Dies war sicher auch der Grund, warum keine anderen Piloten mehr am Start waren. Schnell bauten wir unsere Drachen auf, um wenigstens einen Vorflug zu machen, der uns den Berg und das Gelände veranschaulichen sollte. Es war ein schöner, jedoch viel zu ruhiger Flug, da es doch schon spät und keine Thermik mehr vorhanden war.
Am Samstagmorgen nahmen wir gleich die erste Bahn nach oben, um uns in Ruhe auf den Streckenflug vorzubereiten. Um 10.00 Uhr waren schon die ersten Cumuli am Horizont zu sehen. Der Wind wurde immer stärker. und blies in Böen bis zu 40 km/h. Schnell bauten wir unsere Geräte auf, um keine Zeit zu verlieren. Noch ein letzter Geräte- Check, und noch einmal in die Büsche, dann war alles klar zum Start.
Mit weichen Knien begab ich mich an den Startpunkt, schaute ob der Luftraum frei war und wartete eine gute Böe ab. Dann rannte ich mit klopfendem Herzen und großen Schritten los. Schon nach wenigen Metern hob ich ab. Sogleich verspürte ich das vertraute flaue Gefühl in der Magengegend. Kurze Zeit später fing mein Vario an zu piepsen, sofort drehte ich ein. Der Bart war so gewaltig, daß er mich mit 6 Metern pro Sekunde bis in die Wolkenbasis hob. Ich hatte nun eine Höhe von 3900 Metern, das bedeutete für mich loszufliegen. Ich flog mit 70 km/h knapp unter den Wolken in Richtung-Furkapaß. Dabei flog ich über das Bergmassiv mit seinen riesigen Gletschern, die grau leuchteten und über Seen, die blau zu mir herauffunkelten.
Weit und breit sah ich kein Haus und keine Menschenseele; überall nur kahle Felsen, Schnee und klirrende Kälte, die mich umgab. Ein ungeheures Glücksgefühl durchströmte mich. Es war einfach großartig. Als ich am Furkapaß ankam hatte ich schon rund 1000 Meter Höhe verloren. Ich konnte mit dieser Höhe unmöglich den Paß überqueren. Deshalb mußte ich wieder zurück an eine Kante fliegen um dort wieder erneut an die Wolkenbasis zu gelangen. Nachdem ich dann den .Paß überwunden hatte, mußte ich ein großes Tal in der die Stadt Andermatt lag, überqueren. Wenn man das Tal hinunter nach Andermatt sah, gab es weit entfernt außerhalb meines Gleitwinkelbereiches
eine Schotterhalde, die sich vom Talboden an der Nordseite hochzog und im Sonnenschein flimmerte. Ein anderer Pilot, der schon eine ganze Zeit zuvor mit mir geflogen war und ein schnelleres Gerät hatte, kam mir bei der Überquerung entgegen. Seine Höhe reichte nicht mehr aus, um das Tal zu überqueren, deshalb flog er zurück. Ich jedoch überwand das Tal und kam in Gipfelhöhe an der gegenüberliegenden Bergkette an. Durch das Aufwindband konnte ich mich in dieser Höhe halten und noch weiterfliegen. Da schon 3 Stunden vergangen waren verließen mich meine Kräfte. Ich war gezwungen mich nach einem geeigneten Landeplatz umzusehen. Bald entdeckte ich eine Alm, die in 2000 Meter Höhe lag.
Ich beschloß dort zu landen. Die Landung war sehr gefährlich, denn ich mußte mit Rückenwind und
hoher Geschwindigkeit den Hang hoch landen. Doch auch dies klappte. Nach der Landung kam der Gutsherr auf mich zu und gratulierte mir. Ich ließ ihn meine Landemeldung,die ich als Bestätigung brauchte,unterschreiben. Er lud mich zu einem Getränk ein und ich mußte ihm von meinem Flug berichten. Nach dieser Rast wollte ich wieder starten.Der Mann war mir dabei sehr behilflich. Somit trat ich wieder den Rückflug an. Während dem Flug bemerkte ich, daß der Gegenwind immer stärker wurde. Aus diesem Grund beschloß ich einen geeigneten Landeplatz, der möglichst nahe an der Bahnlinie lag, ausfindig zu machen. Ich mußte direkt über den Stromleitungen meine Höhe abbauen um zwischen 2 Leitungen hindurch zu landen. Mir war bei dieser Sache nicht ganz wohl, doch ich kam heil unten an. Nach der Landung packte ich meinen Drachen zusammen und lief zum Bahnhof. Dort traf ich zwei weitere Piloten, die dieselbe Strecke geflogen waren. Es stelle sich heraus, daß der eine Pilot derjenige war, der mir entgegen gekommen war. Dieser berichtet, daß er Liga-Pilot sei und daß meine geflogene Strecke 85 km betrug. Erst jetzt wurde mir bewußt, daß mir der VereinspokaI gehören würde. Voll Freude löste ich am Schalter meine Fahrkarte für den Zug,. der mich zurückbringen sollte.
Die beiden anderen Piloten begleiteten mich. Am Bahnhof in Fiesch angekommen, fuhr mich der Liga-Pilot zum Campingplatz, wo Martin, der nur bis zum Furkapaß. und von dort-wieder zurück an den Start geflogen war, schon auf mich wartete. Am Abend begossen wir meinen Erfolg. Voller Stolz berichtete ich Martin von meinem Flug, der mir den Pokal einbrachte.
(zusammengefaßt von -lu-)